Mittelstand in der Transformation: Insolvenz, Sanierung und Fortbestand

Die Herausforderungen für den Mittelstand steigen, die Insolvenzrate auch: Gescheiterte Betriebsübernahmen, zu schnell fortschreitende global getriebene Digitalisierung, internationale Konkurrenz, Fachkräftemangel. Und das spiegelt nur einen Teil der Probleme wider, die von vielen Betrieben zu bewältigen sind. Gerade KMU stehen oft ratlos vor diesen Problemen. Wenn wir nicht drastisch Wohlstand verlieren möchten, müssen Initiativen her.
99.8% aller Unternehmen in Österreich fallen in die Kategorie der Klein- und Mittelbetriebe und erwirtschaften rund 626 Milliarden Euro. Diese Unternehmen beschäftigen etwas mehr als 2,4 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Sie leisten einen wesentlichen Beitrag zur österreichischen Wettbewerbsfähigkeit und sichern Wohlstand für viele Menschen. Viele dieser Zahlen kennt man und Regierungen heben diese stolz in jährlichen Berichten hervor. Viel weniger Aufmerksamkeit wird jenen Daten geschenkt, die Rückschlüsse über das marktwirtschaftliche Ausscheiden von Unternehmen zulassen; der Insolvenzstatistik. Die neueste Insolvenzstatistik erfüllt die Wirtschaft mit großer Sorge. Am 4. Juli 2024 publizierte der KSV1870 seine Halbjahresanalyse für 2024: 3.298 Unternehmen meldeten Insolvenz an, was einem Anstieg von 26% (!) im Vergleichszeitraum entspricht.
Sicher sind einige Unternehmen von den bis 2024 gestiegenen Zinsen hart getroffen worden. Aber auch der immer schneller werdende organisatorische Anpassungsprozess hinterlässt bei Klein- und Kleinstbetrieben tiefe Spuren. Als Wirtschaftsstandort wünschen wir uns stets junge Unternehmungen mit innovativen Produkt- und Dienstleistungskonzepten. Dennoch müssen wir auch darauf achten, dass etablierte Klein- und Mittelbetriebe fortbestehen. Im Rahmen einer Insolvenz muss sichergestellt sein, dass auch wirklich nur jene Unternehmen die Geschäftstätigkeit einstellen, deren Tätigkeit tatsächlich keine Berechtigung mehr hat. Andernfalls wird zu viel gesellschaftliches Vermögen vernichtet, das über einen langen Zeitraum aufgebaut und entwickelt wurde. Es sind oft Kleinigkeiten, die jahrzehntelang erfolgreiche Unternehmen ins Wanken bringen; und es bedarf einer enormen Kraftanstrengung, um das Gleichgewicht wieder herzustellen.
Es sind oft Kleinigkeiten, die jahrzehntelang erfolgreiche Unternehmen ins Wanken bringen; und es bedarf einer enormen Kraftanstrengung, um das Gleichgewicht wieder herzustellen
Kleine und mittlere Betriebe haben oft nicht die nötigen Ressourcen – Personal und Finanzmittel – um an Innovationen zu arbeiten, die Prozesse zu überarbeiten, professionelles Personalmanagement zu leisten. Ein Ansatz wäre, kostenlose oder kostengünstige Reality-Checks für Unternehmen anzubieten: Eine solide Ist-Analyse nach Kategorien wie Finanzen, Personal, Produkte, Innovation, Digitalisierungspotentiale, so dass KMU einen Spiegel vorgehalten bekommen. So könnte der Status-quo erfasst und Möglichkeiten aufgezeigt werden. Wer Probleme rechtzeitig angeht, kann auch mit vielen kleinen Schritten das Ruder Grad für Grad auf einen neuen Kurs drehen.
Im 1. Quartal 2024 gab es laut vorläufigen Daten von Statistik Austria 1 718 Insolvenzen in Österreich. Verglichen mit den ersten drei Monaten des Jahres 2023 entspricht das einer Zunahme von rund 30 %.
Sollte es am Ende doch zu einer schweren Krise kommen, sollte alles durchdacht werden, um unnötige Insolvenzen zu verhindern. Ja, jeder Fall ist anders und individuell zu beurteilen. Aber der Apell ist: beurteilen wir jeden Fall ausführlich. Eine Problemlösung mit den Gläubigern, sowie eine außergerichtliche Sanierungsumsetzung kann den Fortbestand auch ohne öffentlichkeitswirksame Insolvenz sichern.
Der dramatische Anstieg an Insolvenzen in Österreich sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Unsere Wirtschaft ist in einer Transformationsphase. Politik, Interessenvertretungen und die Wirtschaft sind gefordert, hier mehr gemeinsam nachzudenken. Der Wirtschaftsstandort Österreich sieht harten Zeiten entgegen, und es wird Ideen und Taten brauchen, um Wohlstand und Arbeitsplätze nachhaltig zu sichern.
Prokop Sponner & Partner GmbH ist eine Unternehmensberatung mit Sitz in Linz und Wien. Der Fokus liegt auf Reorganisation und dem unternehmerischen Fortbestand in Krisensituationen. Prokop Sponner & Partner erstellt Gutachten und Prognosen, bietet Interimsmanagement und Strategieberatung in der produzierenden Industrie, dem Gesundheits- und Medienbereich.